Feuerwehrmuseum zeigt Sonderausstellung über die Waldbrandkatastrophe 1975
fri Neu Tramm. Im Hochsommer 1975 fällt wochenlang kein Regen. Die Temperaturen werden bei geringer Luftfeuchtigkeit immer höher. Am 8. August bricht bei Stüden im Landkreis Gifhorn das erste Großfeuer aus. Zwei Tage später brennt es bei Meinersen und Eschede. Lüchow-Dannenberger Feuerwehren unterstützen in den Nachbarkreisen bei der Bekämpfung der Brände.
Am 12. August meldet der Feuerwachturm Falkenmoor in Gartow ein Feuer im Raum Gorleben. Die Lüchow-Dannenberger Einsatzkräfte sind noch außerhalb des Landkreises im Einsatz, sie kommen nicht rechtzeitig zurück. So fehlen vor Ort die erforderlichen Tanklöschfahrzeuge. Das Feuer kann sich im Gartower Forst nahezu ungehindert ausbreiten. Allein am Ende dieses Tages ist eine Fläche von 2000 Hektar, davon 1800 Hektar Wald, von den Flammen vernichtet.
Mängel in Führung und Ausstattung
Die verheerende Brandkatastrophe jenes Sommers ist vielen älteren Feuerwehrleuten bis heute in Erinnerung. Grund genug für historisch interessierte Blauröcke der Ortsfeuerwehr Bergen/Celle, dazu eine Wanderausstellung zu erarbeiten. Ein achtköpfiges Team trug unter der Leitung von Albert Michaelis Dokumente zusammen, bereitete sie zur Präsentation auf und archivierte sie für die Nachwelt. Die Ausstellung wurde vor Neu Tramm bereits in Bergen/Celle und Winsen/Luhe gezeigt.
Bei der Eröffnung in Neu Tramm dankte der Lüchow-Dannenberger Kreisbrandmeister Uwe Schulz deren Machern um Michaelis: „Ich freue mich, dass wir in diesem Jahr die Ausstellung hier im Historischen Feuerwehrmuseum zeigen können und bedanke mich bei den Kameraden für ihre hervorragende Arbeit.“
Die Präsentation beleuchtet neben der Entstehung des Großbrandes und seiner Bekämpfung auch die daraus resultierenden Lehren. Denn die Katastrophe und deren Auswirkungen beruhten nicht nur auf einem für hiesige Verhältnisse extremen Witterungsverlauf im Juli und August.
Risikobewusstsein und Gefahren
Vor allem die unzureichende Ausrüstung der Einsatzkräfte, fehlende Fachkenntnisse bei Forst- wie Feuerwehrleuten, Kompetenzgerangel und unklare Führungsstrukturen erschwerten die Bekämpfung der Katastrophe erheblich. Darüber hinaus fehlten Tanklöschfahrzeuge, die Ausstattung mit Sprechfunk war lückenhaft, es gab keine Rettungsleitstelle und die Alarmsirenen mussten sogar noch von Hand ausgelöst werden.
Seitdem hat sich einiges getan - auch dies ist Gegenstand der Ausstellung. Die Waldbrandkatastrophe von 1975 - bis dahin die größte in Deutschland - führte in Niedersachsen unter anderem mit dem Brandschutzgesetz von 1978 zu wichtigen Reformen. Auch die Ausstattung der Wehren wurde verbessert. 1975 führte der Celler Kreisbrandmeister die Waldbrandbekämpfung noch mit einer Karte auf der Motorhaube seines Fahrzeuges.
Das Thema der Ausstellung ist heute nicht nur durch den Klimawandel brandaktuell. Die Bundeswehr, 1975 flächendeckend in der ganzen Bundesrepublik präsent, ist durch ihre drastische Reduzierung heute aus vielen Regionen verschwunden. Damals tragende Säule in der Katastrophenabwehr, kommen die Streitkräfte in Zukunft nur noch unterstützend zum Einsatz. Gleichzeitig bremsen die Finanzprobleme der öffentlichen Hand die Anschaffung dringend benötigter Ausstattungen im Feuerwehrbereich. Für reichlich Gesprächsstoff über die Ausstellung ist also gesorgt.
Uwe Schulz forderte die Zuhörer in seiner Eröffnungsrede dazu auf, sich an die Lehren aus der 1975er Katastrophe zu „erinnern, sie zu hinterfragen und zu überprüfen“. Der Kreisbrandmeister dazu: „Die Ausstellung soll die Ereignisse in Erinnerung rufen und wir sollten uns nach 36 Jahren fragen, ob noch alles noch im grünen Bereich ist.“
Auf Herausforderungen reagieren
Schulz hinterfragte unter anderem die nach seiner Ansicht merkwürdigen, kürzlich getroffenen Entscheidungen des Landes zum Feuerwehr-Flugdienst: „Es ist anscheinend alles geregelt. Aber funktioniert es wirklich? Und stehen uns die erforderlichen Mittel und Kräfte auch in einer angemessenen Zeit zur Verfügung? Oder ist dadurch, dass es in den letzten 30 Jahren keine großen Waldbrände mehr gegeben hat, das Risikobewusstsein gesunken?“
Er führte dazu als Beispiel die maroden Feuerwachtürme an: „Die sind zwar durch ein modernes Kamerasystem ersetzt worden, welches noch in der Feinabstimmung ist, aber wir brauchen den Feuerwehrflieger für einsatztaktische Maßnahmen und die Sicherheit unserer Feuerwehren.“ Der Kreisbrandmeister warnte darüber hinaus eindrücklich vor den Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung: „...wenn wir nicht auf die demographischen Veränderungen und die verminderte Verfügbarkeit anderer Organisationen reagieren, wird es wie damals wieder zu Katastrophen kommen.“
Historisches Feuerwehrmuseum Neu Tramm
Das Feuerwehrmuseum Neu Tramm zeigt die Sonderausstellung vom 3. Juni bis Ende Oktober 2011. Sie kann während der allgemeinen Öffnungszeiten,Mittwoch bis Freitag von 14-17 Uhr und Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 10-17 Uhr, besichtigt werden.
Gruppen können das Museum nach Voranmeldung (Telefon 05861-2242)auch außerhalb der Öffnungszeiten besuchen.
Weitere Informationen: www.kreisfeuerwehr.de
Hubschraubereinsatz im Gartower Forst (Hist. Aufnahme, 1975)
Die Feuerwehrveteranen führten den Einsatz 1975 mit spärlichsten Mitteln